Wir experimentieren

Ideen, Tipps und Tricks rund um das Experimentieren in der Grundschule

Können Bäume eigentlich 200 Meter hoch werden?

Während einer Wanderung stand ich neulich im Wald und bestaunte die riesigen Bäume um mich herum. Unwillkürlich fragte ich mich, wie hoch diese Bäume wohl sein mögen.

Die Antwort lieferte daheim das Internet:
Die Fichte – der häufigste Baum in unseren Wäldern – kann bis zu 60 Meter hoch werden. Die Rotbuche – unser häufigster Laubbaum – wird bis zu 40 Meter hoch.
Der höchste Baum Deutschlands, eine Douglasie, steht im Freiburger Stadtwald. Er ist 63,33 Meter hoch und hat sogar einen Namen: „Waltraut vom Mühlenwald” [1].

Doch verglichen mit den Baumriesen im Redwood-Nationalpark an der kalifornischen Pazifikküste sind unsere heimischen Bäume nur Zwerge. Die im Redwood-Nationalpark wachsenden Küstenmammutbäume sind die derzeit höchsten Bäume der Erde. Sie können über 110 Meter hoch werden. Der höchste lebende Baum ist 115,6 Meter hoch.

Soweit so gut, aber ist bei gut 115 Metern eigentlich Schluss? Könnten Bäume vielleicht auch 200 Meter hoch werden? Oder gibt es da irgendwo eine Grenze?
Die gleiche Frage hat sich auch eine Gruppe Wissenschaftler an der Universität von Nord-Arizona gestellt. Sie haben herausgefunden, dass der wichtigste begrenzende Faktor für das Wachstum der Bäume der Wassertransport ist. Für ihre Untersuchungen sind die Wissenschaftler der Universität von Nord-Arizona auf fünf der acht höchsten Bäume der Welt geklettert. Sie fanden heraus, dass in den Wipfeln der Bäume wüstenähnliche Bedingungen herrschen, also nur sehr wenig Wasser bis nach ganz oben gelangt [2].

Auch die obersten Blätter im Wipfel eines Baumes werden nicht etwa von oben durch den Regen, sondern von ganz unten über die Wurzeln mit Wasser versorgt. Von dort steigt das Wasser durch enge Kanäle bis ganz nach oben. Der so genannte Kapillareffekt sorgt dafür, dass das Wasser umso stärker nach oben gesaugt wird, je enger die Kanäle sind. Zusätzlich verdunstet an den Unterseiten aller Blätter eines Baumes Wasser. Dadurch entsteht ein riesiger Sog, der weiteres Wasser aus den Wurzeln bis hinauf in die Blätter zieht. Dieser Verdunstungssog ist die stärkste Triebkraft des Wassertransports.

Dem Transport des Wassers nach oben wirkt allerdings die Schwerkraft entgegen. Sie lässt den Wassertransport nur so lange zu, wie die Kapillarwirkung und der Verdunstungssog größer sind. Die Wissenschaftler von der Universität von Nord-Arizona ermittelten anschließend mit Hilfe von Modellrechnungen, dass Bäume maximal eine Höhe von 122 bis 130 Metern erreichen können. Würde ein Baum noch höher werden, würde die geschlossene Wassersäule abreißen, der Verdunstungssog könnte nicht mehr wirken und der gesamte Wassertransport würde zusammenbrechen.

Leider kann man ja in die Bäume nicht hineinschauen und den Kapillareffekt beobachten. Also müssen wir uns eine künstliche Kapillare bauen, wenn wir die Kapillarwirkung untersuchen möchten. Wir brauchen dafür zwei Glasplatten, zwei kräftige Gummibänder und zwei Büroklammern, mit denen wir zwischen den Glasplatten einen keilförmigen Spalt erzeugen – unsere künstliche Kapillare. Anschließend stellen wir diese Konstruktion dann in gefärbtes Wasser und beobachten, wie das Wasser zwischen den Glasplatten emporsteigt. Und tatsächlich: es steigt dort am höchsten, wo der Spalt am engsten ist.

Keine Glasplatten zur Hand? Das Material und verständliche Anleitungskarten für dieses und weitere anschauliche Experimente zu Oberflächenspannung und Kapillarwirkung enthält der → Experimentierkasten „Wasser I” von → EMS Kraus.

Quellen:
[1] Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Bundesverband e. V.: http://www.sdw.de/waldwissen/wald-faq/ (Stand 29.10.2017)
[2] George W. Koch et. al: NATURE, Vol. 428, Seiten 851–854, 2004

Schlagworte: → Wald, → Wasser

4. November 2017

Dr. Juliane Kraus

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