Wir experimentieren
Ideen, Tipps und Tricks rund um das Experimentieren in der Grundschule
Wohl kaum ein Tier ist so gut geeignet, die Anpassung an den Lebensraum und die Lebensbedingungen zu zeigen, wie der Specht. Die meisten Spechte verbringen den größten Teil ihres Lebens auf Bäumen, am Stamm oder in Baumhöhlen. Sie suchen ihre Nahrung auf oder unter der Baumrinde, zimmern ihre Nisthöhlen und ziehen darin ihre Jungen groß. Für diese Lebensweise sind Spechte hervorragend angepasst.
Speziell geformte Kletterfüße geben ihnen Halt am Baumstamm. Der spitze, harte Schnabel kann wie ein Meißel eingesetzt werden. Damit schlagen sie auf der Suche nach Insekten und Larven Löcher in die Baumrinde oder zimmern ihre Höhlen. Die Zunge der Spechte ist lang, wurmförmig und an der Spitze teils klebrig, teils mit Widerborsten besetzt. Dadurch kann die Beute festgeklebt oder aufgespießt werden.
Das alles kann man sich ja recht gut vorstellen, und es wird kaum nötig sein, Kletterfüße, Schnabel und Zunge in einem Freihandversuch zu veranschaulichen. Neben den genannten Begriffen taucht aber auch immer wieder das Wort „Stützschwanz” auf. Und da stellt sich dann doch die Frage, was das Besondere am Schwanz der Spechte ist und warum sie diesen speziellen Schwanz brauchen.
Damit der Specht seinen Schnabel einsetzen und Löcher in den Baumstamm hämmern kann, braucht er einen guten Rückhalt,
um bei dieser Arbeit nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Der folgende kleine Versuch veranschaulicht gut, dass für einen sicheren Stand drei Beine nötig sind.
Wir benötigen dafür ein wenig Knetmasse und vier Streichhölzer.
Aus der Knetmasse formen wir eine Kugel, in die wir zwei Streichholzbeine stecken.
Wie erwartet fällt unsere Konstruktion um, wenn wir versuchen, sie auf ihre Beine zu stellen.
Wir stecken ein drittes Streichholzbein in die Kugel. Nun steht sie fest und ohne Wackeln.
Versuchsweise können wir noch ein viertes Bein hinzufügen. Aber sofern es uns nicht gelingt,
dieses vierte Bein ganz exakt auszurichten, wird die Kugel weiterhin auf drei Beinen stehen.
Fazit Nummer 1: Eine Konstruktion benötigt drei Beine, um stabil zu stehen. Also braucht auch der Specht drei Beine, um beim kräftigen Hämmern nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Und da der Specht selbstverständlich nur zwei Beine hat, braucht er den Schwanz als „drittes Bein”.
Damit ist klar, WARUM Spechte einen Stützschwanz haben. Bleibt die Frage, WIE der Schwanz, der ja wie bei anderen Vögeln nur aus Federn besteht, so stabil sein kann, dass er als Stütze funktioniert.
Zunächst einmal sind die einzelnen Schwanzfedern des Spechts durch eine Längsrille gegen Durchbiegung geschützt. Das wirklich Besondere ist aber, wie der Specht seine Federn anordnen kann: Während der Schwanz bei anderen Vögeln in einer breiten, fein verästelten Federfahne endet, kann der Specht alle Federn des Schwanzes unter die beiden mittleren legen. Dadurch dass die Federn eng beieinander sind, wird der Schwanz so stabil.
Das lässt sich auch gut durch einen kleinen Versuch veranschaulichen, für den wir nur ein stabiles Blatt Papier (ca. 200 g/m²) benötigen.
Das Blatt wird zick-zack gefaltet und zunächst so wenig wie möglich aufgefächert. Dann halten wir es an einer Seite fest und drücken an der anderen Seite auf eine Falte. Sie lässt sich nur mit viel Kraft herunterdrücken. Nun fächern wir das Blatt weit auf. Wenn wir nun auf eine Falte drücken, gibt sie ganz leicht nach. Ähnlich wäre es auch, wenn der Specht einen breit aufgefächerten Schwanz hätte. Er wäre nicht stabil und als „drittes Bein” ungeeignet.
Fazit Nummer 2: Der Schwanz des Spechtes kann als Stützschwanz dienen, weil der Specht alle seine stabilen Schwanzfedern untereinander legen kann.
Quellen:
Schulbiologiezentrum Hannover: Spechte im Ökosystem Wald. Arbeitshilfe Nr. 11.30. 3. vollständig überarbeitete Auflage
Februar 2010
Wolfgang Kuhn: Über Spechte spricht man lieber nicht! http://www.cgg-online.de/wissenschaft/Evolution/Specht.htm (Stand: 12.11.2017)
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